
Confiteor
Das Schuldbekenntnis kennen wir eigentlich ziemlich ähnlich aus der neuen Messe, zumindest dort, wo es auch tatsächlich verwendet wird. Die zweite Form, die in der neuen Messe vorkommt, kann man als extreme Kurzfassung der alten sehen. Die dritte, die in Deutschland wahrscheinlich am häufigsten verwendet wird, und den Bußakt mit dem Kyrie zusammenfasst, lässt so viel Kreativität zu, dass darin meistens das Thema Sünde komplett verschwiegen wird. Die Formulierung „Herr, erbarme dich“ ist nämlich viel breiter zu verstehen und sie kommt im Evangelium oft im Zusammenhang mit körperlicher Heilung und allgemein Hilfe verwendet. Natürlich in erster Linie im Bezug auf Vergebung der Sünden, aber dieses Thema wird an dieser Stelle in der neuen Messe doch etwas verschleiert.
V. Confíteor Deo omnipoténti, beátaæ Maríæ semper Vírgini, beáto Michaéli Archángelo, beáto Ioánni Baptístæ, sanctis Apóstolis Petro et Paulo, ómnibus Sanctos et vobis, fratres: quia peccávi nimis cogitatióne, verbo et ópere: mea culpa, mea culpa, mea máxima culpa. Ideo precor beátam Maríam semper Vírginem, beátum Michaélem Archángelum, beátum Ioánnem Baptístam, sanctos Apóstolos Petrum et Paulum, omnes Sanctos, et vos, fratres, oráre pro me ad Dóminum Deum nostrum.
V. Ich bekenne Gott, dem Allmächtigen, der seligen allzeit reinen Jungfrau Maria, dem hl. Erzengel Michael, dem hl. Johannes dem Täufer, den hll. Aposteln Petrus und Paulus, allen Heiligen und euch, Brüder, dass ich viel gesündigt habe in Gedanken, Worten und Werken, durch meine Schuld, durch meine Schuld, durch meine übegroße Schuld. Darum bitte ich die selige allzeit reine Jungfrau Maria, den hl. Erzengel Michael, den hl. Johannes den Täufer, die hll. Apostel Petrus und Paulus, alle Heiligen und euch, Brüder, für mich zu beten bei Gott, unserem Herrn.
In der „alten“ Messe wird das Confiteor doppelt: einmal vom Priester alleine, dann von dem Volk, bzw. Ministranten gebetet. Man könnte es als einfache vielleicht unnötige Wiederholung sehen, es hat aber einen tieferen Sinn.
Darin wird unter anderem der katholische Unterschied zwischen dem allgemeinen Priestertum und dem Weihepriestertum hervorgehoben. Nicht im Sinne von Qualität, ganz im Gegenteil, denn der Priester tritt hier persönlich auf, und bekennt seine eigene Schuld, sondern in dem Sinne, dass er derjenige ist, der konkret in Persona Christi das Opfer darbringt.
Wir sehen hier aber auch eine Anspielung an das Alte Testament, wo der Priester verpflichtet war zuerst für sich selbst ein Sühneopfer darzubringen und erst dann fürs Volk. Jesus als der einzige wahre Priester des Neuen Bundes ist ohne Sünde also braucht nicht für sich selbst Sühne zu leisten. Der menschliche Priester, der in Seiner Vollmacht handelt, aber schon. Deswegen bekennt er zuerst seine Sünde und das Volk bittet für ihn um Vergebung, bevor er für das Volk eintritt.
R. Misereátur tui omnípotens Deus, et, dimíssis peccátis tuis, perdúcat te ad vitam ætérnam.
V. Amen
R. Es erbarme sich deiner der allmächtige Gott, er lasse dir die Sünden nach und führe dich zum ewigen Leben.
V. Amen
Ich persönlich sehe in dieser Formulierung auch eine persönliche Zuwendung, die viel konkreter, direkter ausgedrückt wird, als in der allgemeineren Formulierung „uns“, die wir aus der neuen Messe kennen.
Anschließend beten die Gläubigen das Confiteor, mit den Formulierungen „et tibi, pater“, „et te, pater“. Und der Priester antwortet darauf mit:
V. Misereátur vestri omnípotens Deus, et, dimíssis peccátis vestris, perdúcat vos ad vitam ætérnam.
Zu den Elementen, die im Rahmen der liturgischen Reform weggestrichen wurden, gehören mehrere Erwähnungen von Heiligen in den Messtexten. Im Confiteor wurden die Heiligen nur etwas verkürzt, anonymisiert und nur auf den Fürbitte-Teil reduziert. Indem wir aber auch vor ihnen unsere Schuld bekennen, machen wir uns bewusst, dass unsere Sünden nicht nur Gott beleidigen, sondern auch eine Wunde am Mystischen Leib Christi sind. Die triumphierende Kirche im Himmel leidet zwar nicht mehr, aber jede Sünde betrübt doch die Heiligen.
Die besondere Stellung der Muttergottes unter den Heiligen, ist uns eigentlich klar. Der Erzengel Michael als Sieger über die gefallenen Engel und besonderer Beschützer der Kirche darf in diesem Kontext auch nicht fehlen. Hl. Johannes der Täufer als der letzte Prophet des Alten Bundes, mit dem uns doch weiterhin die zehn Gebote verbinden; die Hll. Petrus und Paulus als die Säulen der Kirche Christi; und letztendlich der Priester als Vertreter der versammelten Kirche und derjenige, der im Namen Christi die Sünden uns vergibt.
Im Confiteor wird uns unsere Sündhaftigkeit deutlich vor Augen geführt. Für den modernen Menschen vielleicht etwas zu deutlich und unbequem. Während wir heutzutage doch ein ausgeprägtes Verlangen nach Konsequenzen für Straftäter haben, so gleichzeitig fällt uns das Erkenntnis, dass wir selbst sündigen, besonders schwer. Hier sollen wir uns nochmals kurz erinnern daran, was wir böses getan haben in Gedanken, Worten und Werken. Die zusätzliche Erwähnung von Unterlassung in der neuen Messe an dieser Stelle finde ich übrigens auch hilfreich.
Und noch ein Aspekt, der heutzutage in den Hintergrund gedrängt wird. Der Ziel wird hier klar formuliert – das ewige Leben.
V. Indulgéntiam † absolutiónem et remissiónem pecatórum nostrórum tríbuat nobis omnípotens et miséricors Dóminus.
R. Amen
V. Nachlass † Vergebung und Verzeihung unserer Sünden gewähre uns der allmächtige und barmherzige Herr.
R. Amen
Hier wird diese Bitte schon allgemeiner in der „uns“-Form gefasst. Nachlass, Vergebung und Verzeihung drücken eigentlich fast dasselbe aus, es wird hier aber gewissermaßen verstärkend wiederholt, wie das dreifache „mea culpa“ vorher.
Jede Sünde bringt auch dreifaches Übel mit sich:
- Wir beleidigen Gott,
- Wir laden Schuld auf uns,
- Wir verdienen eine Strafe.
Wir bitten um Befreiung von allen drei.
Wie Papst Innozenz schreibt, so wie wir dreifach:
- in Gedanken,
- in Worten
- und in Werken
sündigen, so müssen wir dreifach Buße tun:
- durch den Schmerz und Umkehr des Herzens,
- durch den Scham der Bekenntnis in Worten
- und durch die Mühe des tätigen Wiedergutmachens.
V. Deus, tu convérsus vivificábis nos.
R. Et plebs tua lætábitur in te.
V. Osténde nobis, Dómine, misericórdiam tuam.
R. Et salutáre tuum da nobis.
V. Dómine, exáudi oratiónem meam.
R. Et clamor meus ad te véniat.
V. Dóminus vobíscum
R. Et cum spíritu tuo.
V. Oremus.
Aufer a nobis, quæsumus. Dómine, iniquitátes nostras: ut ad Sancta sanctórum puris mereámur méntibus introíre. Per Christum Dóminum nostrum.R. Amen
V. Gott wende Dich uns zu und gib uns neues Leben.
R. Dann wird Dein Volk in Dir sich freuen.
V. Zeige, Herr, uns Deine Barmherzigkeit.
R. Und schenke uns Dein Heil.
V. Herr, erhöre mein Gebet.
R. Und lass mein Rufen zu Dir kommen.
V. Der Herr sei mit euch
R. Und mit deinem Geiste
V. Lasset uns beten.
Nimm weg von uns, so bitten wir, Herr, unsere Sünden, damit wir ins Allerheiligste mit reinem Herzen einzutreten vermögen. Durch Christus, unseren Herrn.R. Amen
Noch einmal werden wir daran erinnert, dass wir zum Gott hinzutreten, der heilig ist und deswegen, wie die Schrift sagt, auch wir heilig sein sollen. Das können wir aber nicht aus uns selbst, deswegen bitten wir Ihn, dass Er uns heiligt.
In den ersten Jahrhunderten durften noch nicht getauften, oder diejenigen, die Buße tun mussten, nur an dem ersten Teil der Heiligen Messe teilnehmen, an der sog. „Katechumenenmesse“ die nach der Predigt mit dem Friedensgruß endete. Mittlerweile gibt es diese Einschränkung nicht und leider geht immer mehr auch das Bewusstsein verloren, dass man vor allem für den Empfang der Kommunion im Stande der heiligmachenden Gnade sein muss.
Die zitierten Messtexte stammen aus: Ramm, M. (2015). Volksmissale, Das vollständige römische Messbuch nach der Ordnung von 1962 lateinisch, deutsch. Priesterbruderschaft St. Petrus. S. 3*-5*
weitere Quellen: Reiners, A. (1904). Das Heilige Messopfer in seinen Geheimnissen und Wundern. Ein Ocean von Gnaden und Segens-Früchten für Lebende und Abgestorbene. Katholische Bücher- und Schriften Verlag.

Introibo ad altare Dei

Introitus und Kyrie
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