
Introibo ad altare Dei
Spricht man von der „alten” Messe, konzentriert sich die Aufmerksamkeit meistens auf bestimmte äußerlichen Merkmale: dass der Priester „mit dem Rücken zum Volk” zelebriert, dass viel im Stillen abläuft und vor allem in lateinischer Sprache. Viele Befürworter dieser Liturgie betonen auch, dass sie feierlicher ist, mehr das Gefühl vom Sacrum vermittelt usw. Das alles will ich weder abstreiten, noch als unwichtig darstellen, irgendwann sage ich auch etwas dazu, aber jetzt will ich mich weniger auf das äußere Erscheinungsbild, viel mehr auf den Inhalt konzentrieren.
Das hängt gewissermaßen damit zusammen, dass ich mehr als 30 Jahre meines Lebens mit sehr würdig, schön und feierlich gefeierten nachkonziliaren Messe verbracht habe. Zwar nicht auf Latein, aber sonst mit allem, was man in Deutschland oft nur bei Vetus Ordo erlebt: Mundkommunion, Kommunionbänke u.ä. Novus Ordo heißt nicht automatisch Bierzeltmesse. Man kann auch die neue Messe in lateinischer Sprache feiern, ad orientem, mit Weihrauch, barocker Kasel, Diakon, gregorianischem Gesang und was sonst an Feierlichkeit das Herz begehrt, und trotzdem wird es große Unterschiede zu der „außerordentlichen” Form geben, nämlich in den Inhalten und damit meine ich sowohl die Texte wie auch bestimmte Gesten, sozusagen „das Schwarze und das Rote” im Messbuch.
V. In nómine † Patris et Fílii, et Spíritus Sancti. Amen.
V. Im Namen des † Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.
Genauso wie die neue, beginnt die alte Messe mit dem Kreuzzeichen, das dürfte eigentlich niemanden wundern. Der Unterschied liegt in dem Fall darin, dass der Priester ihn nicht von seinem Sitz im Altarraum zum Volk gewendet macht, sondern vor den Stufen des Altars.
Auch nach dem Kreuzzeichen kommt noch keine Begrüßung der Gemeinde, sondern der Priester betet abwechselnd mit den Ministranten einen wunderschönen Psalm, deren Wegstreichen ich besonders bedauere. Dieses Gebet lenkt unsere Aufmerksamkeit nämlich gleich auf die heilige Handlung, die gleich beginnen wird. Ich finde es wirklich die perfekte Einstimmung, wenn wir noch direkt aus dem Alltagstrubel uns nun auf Gott konzentrieren wollen.
V. Introíbo ad altáre Dei.
R. Ad Deum, qui lætíficat iuventútem meam.
V. Zum Altare Gottes will ich treten.
R. Zu Gott, der meine Jugend erfreut.
Ich erinnere mich an die Worte eines alten Priester, über 90, der sich nur noch mit Mühe bewegen konnte. Er sagte, jedesmal, wenn er diese Worte betet, fühlt er sich wieder wie am Tag seiner Primiz. Gott ist der, der uns erquickt, vor dem wir alle wieder jung, in Ihm verliebt, voller heiliger Eifer und Freude sein können.
V. Iúdica me, Deus, et discérne causam meam de gente non sancta: ab hómine iníquo et dolóso érue me.
V. Richte mich, Gott, und entscheide meine Sache gegen ein unheiliges Volk; von ungerechten und tückischen Menschen rette mich.
David schreibt den Psalm auf der Flucht vor seinem Feind. Wir kommen auch manchmal zu Gott, wie von Feind gejagt, vom Leben geplagt und flehend: Beschütze mich, Herr, rette mich vor meinem Feind, dem sichtbaren und noch mehr dem unsichtbaren.
Dieses Wort „Iudica me” macht uns aber noch etwas anderes klar – diese Bitte ist zweischneidig. Wir treten vor Gott, der auch unser Inneres kennt, der die Wahrheit über uns selbst besser kennt, als wir. Und wenn wir zum Altare Gottes treten, sollen wir auch heilig sein. Wir dürfen nicht dem unheiligen Volk angehören, wir dürfen nicht selbst diese ungerechten und tückischen Menschen sein.
R. Quia tu es, Deus, fortitúdo mea; quare me reppulísti, et quare tristis incédo, dum afflígit me inimícus?
R. Denn Du bist Gott, meine Stärke. Warum hast Du mich verstoßen und warum gehe ich traurig einher, weil mich der Feind bedrängt?
Wenn wir traurig umherwandeln, steckt oft unser Hauptfeind – die Sünde und der Widersacher, der uns zu ihr verführt. Manchmal lässt Gott auch sonst zu, dass wir uns von Ihm verlassen fühlen, wie Jesus am Kreuz, aber meistens sind es eben unsere eigene Sünden, die uns die Ruhe und Lebensfreude rauben.
V. Emítte lucem tuam et veritátem tuam: ipsa me deduxérunt, et adduxérunt in montem sanctum tuum et in tabernácula tua.
V. Sende Dein Licht und Deine Wahrheit, sie haben mich geleitet und geführt auf Deinen heiligen Berg und in Dein Gezelt.
Wir beten in dieser Situation nicht einfach nur: tröste mich, lass mich Dich wieder spüren. Nein, wir bitten vielmehr darum, dass wir die Wahrheit Gottes erkennen und ihr folgen. Unser Gott-Nahsein ist weniger die Frage des Gefühls, es ist viel mehr eine objektive Realität, die darin besteht, dass wir Ihn erkennen und durch unseren Willen Ihm folgen, Seinen Willen tun. Auch in der Heiligen Messe geht es deswegen nicht darum Gott zu spüren, sondern Seinen Willen zu tun. Deswegen kommen wir nicht nur dann zur Messe, wenn wir Sehnsucht danach verspüren, wenn wir uns dadurch besser fühlen, sondern auch dann wenn uns gefühlsmäßig so gar nicht danach ist. Einfach, weil es gut, wichtig und gottgefällig ist.
Berge waren schon immer besondere Orte, die für Gottes Nähe standen. Die Stufen des Altars deuten auf den Berg Golgotha hin, wir treten zum Kreuz hin. Das erfordert unsere Ausrichtung nach oben zu Gott, hinter sich lassen der Welt, des Altags, aber auch eine gewisse Mühe des geistigen Aufsteigens.
Das Wort Tabernakulum bedeutet ursprünglich Zelt von dem Zelt in dem die Bundeslade stand von dem Auszug aus Ägypthen bis zur Erbauung des Tempels durch Salomon. Für uns steht dieses Wort für den Aufbewahrungsort des Allerheiligsten Sakraments, für die Realpräsenz Christi, die nach dem katholischen Glauben dauerhaft ist, solange die eucharistische Gestalten vorhanden sind.
R. Et introíbo ad altáre Dei. Ad Deum, qui lætíficat iuventútem meam.
R. Und eintreten werde ich zum Altare Gottes, zu Gott, der meine Jugend erfreut
Ist es in unserem Leben tatsächlich Gott, der die Quelle unserer Freude ist, oder ist unser Gespür dafür schon viel zu sehr durch irdische Vergnügungen abgestumpft?
V. Confitébor tibi in cíthara, Deus, Deus meus: quare tristis es, ánima mea, et quare contúrbas me?
V. Ich will Dich preisen auf der Zither, Gott, mein Gott. Warum bist du traurig meine Seele und warum verwirrst du mich?
Warum lassen wir uns von irdischen Unruhe und Sorgen umtreiben? Warum bin ich traurig und noch mit so vielen Sachen beschäftigt, während ich mich jetzt darauf konzentrieren sollte, Gott zu preisen?
R. Spera in Deo, quóniam adhuc confitébor illi: salutáre vultus mei, et Deus meus.
V. Glória Patri, et Filio, et Spirítui Sancto.
R. Sicut erat in princípio, et nunc, et semper: et in sæcula sæculórum. Amen.
V. Introíbo ad altáre Dei.
R. Ad Deum, qui lætíficat iuventútem meam.V. Adiutórium † nostrum in nómine Dómini.
R. Qui fecit caelum et terram.
R. Vertrau auf Gott, denn ich werde Ihn noch preisen; Er ist das Heil meines Angesichts und mein Gott
V. Ehre sei dem Vater und dem Sohne und dem Heiligen Geiste.
R. Wie es war im Anfang, so auch jetzt und allezeit und in Ewigkeit. Amen.
V. Zum Altare Gottes will ich treten.
R. Zu Gott, der meine Jugend erfreut.V. Unsere Hilfe † ist im Namen des Herrn.
R. Der Himmel und Erde erschaffen hat.
Dieser Satz macht uns noch einmal bewusst, vor wen wir jetzt treten. Vor den Schöpfer des Himmels und der Erde, zu dem wir hier zutreten dürfen, der unsere Stärke und unsere Hilfe ist, obwohl wir vor Ihm nur kleine Geschöpfe sind.
Das sind so alles Gedanken, die mir in den Sinn kommen, wenn ich diesen Text am Anfang der Heiligen Messe in der überlieferten Form meditiere.
Die zitierten Messtexte stammen aus: Ramm, M. (2015). Volksmissale, Das vollständige römische Messbuch nach der Ordnung von 1962 lateinisch, deutsch. Priesterbruderschaft St. Petrus. S. 2-3

Das Heiligste Messopfer

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