
Agnostizismus
In der Einleitung zur Enzyklika „Pascendi Dominici gregis“ hat der heilige Papst Pius X schon angemerkt dass jeder Modernist sozusagen mehrere Rollen in einer Person spielt Philosoph, Gläubiger, Theologe, Historiker, Kritiker, Apologet und Reformator. Und jetzt kommen wir zu der Philosophie.
als Grundlage der Religionsphilosophie betrachten die Modernisten die unter den Namen Agnostizismus bekannte Doktrin. Nach ihr ist die menschliche Vernunft gänzlich auf die Phänomene beschränkt das heißt auf die Gegenstände welche äußerlich in Erscheinung treten und wie sie in dieser äußere Erscheinung treten. Darüber hinaus darf und kann sie nicht gehen
Ich weiß nicht ob der Begriff Agnostizismus allen schon bekannt ist. Schauen wir doch in Wikipedia nach
Agnostizismus ist eine Weltanschauung die insbesondere die prinzipielle Begrenztheit menschlichen Wissens, Verstehens und Begreifens betont.
https://de.wikipedia.org/wiki/Agnostizismus
Wie schon aus der Enzyklika zitiert also, dass sich das menschliche Wissen praktisch nur auf die erfahrbare Phänomene beschränkt.
Die Möglichkeit der Existenz transzendenter Wesen oder Prinzipien wird nicht bestritten. Agnostizismus ist sowohl mit Theismus, also mit dem Glauben, dass es einen Gott gibt, als auch mit Atheismus vereinbar, also dass es keinen Gott gibt, „da der Glaube an Gott und die Ablehnung von Gott möglich sind selbst wenn die Gewissheit seiner Existenz oder Inexistenz fehlt.
https://de.wikipedia.org/wiki/Agnostizismus
Also das ist praktisch ja das Bekenntnis: ich weiß es nicht, so beantwortet der Agnostiker die Frage ob es Gott gibt, oder: es ist überhaupt nicht möglich so eine Frage zu beantworten. Die menschliche Vernunft ist sozusagen auch die Phänomene beschränkt
darum kann sie sich auch nicht zu Gott erheben und seine Existenz auch nicht aus den sichtbaren Dingen erkennen. Es folgt also dass Gott keineswegs direkt Gegenstand der Wissenschaft sein könne und was die Geschichte betrifft dass Gott in keiner Weise als historische Person in sie hineingehört . Demnach ist leicht einzusehen was dann aus der natürlichen Theologie, was aus den Vorbedingungen des Glaubens, was aus der äußeren Offenbarung werden muss.
Damit kommen wir zum weiteren Begriff der vielleicht nicht so geläufig ist die natürliche Theologie. Die natürliche Theologie ist eine Theologie, die praktisch nur auf den natürlichen Kräften des Menschen und auf natürlichen Quellen basiert das heißt also die Offenbarung die Heilige Schrift und so weiter das alles wird hier komplett ausgeblendet . Natürliche Theologie stellt ihre Überlegungen nur aufgrund der natürlich erfahrbaren Welt und der Denkprinzipien, des logischen Denkens auf.
Die natürliche Theologie setzt die grundsätzliche Möglichkeit objektiver Erkenntnis voraus. Des Weiteren beansprucht sie zumeist, dass die gesamte Welt und ihr Verhältnis zu Gott davon bestimmt wird dass jede Wirkung und jedes kontingente Seiende eine Ursache besitzt genauer gesagt argumentiert die natürliche Theologie mit dem metaphysischen Kausalprinzip beziehungsweise dem Satz von zureichenden Grund.
https://de.wikipedia.org/wiki/Nat%C3%BCrliche_Theologie
Es wäre jetzt bisschen zu weit in die Metaphysik von Aristoteles einzutauchen und das genauer zu erklären aber gesagt bei natürlichen Theologie geht man noch nicht davon aus, was Gott über sich offenbart, geht man noch nicht vom Glauben aus sondern lediglich von Überlegungen von Schlussfolgerungen davon was man sieht was man von der Welt versteht. Und wie der Papst schreibt, wenn wir vom Agnostizismus ausgehen, wenn der Agnostiker sagt, dass nur die Phänomene an sich für die menschliche Vernunft erfassbar sind stürzt die Möglichkeit der natürlichen Theologie überhaupt.
Aber nicht nur die natürliche Theologie sondern auch die die Offenbarung-basierte Theologie entfällt in dem Moment wenn wir vom Agnostizismus ausgehen. Denn wenn wir gar nicht wissen können, ob Gott in die Geschichte eingreift oder nicht, dann können wir auch nicht behaupten ob Er sich durch geschichtliche Ereignisse wie das Heilswerk Christi, wie das Wirken Christi auf dieser Erde offenbart.
Damit räumen die Modernisten vollständig auf und verweisen dies an den Intellektualismus, in welchem sie nur ein lächerliches längst überlebtes System erblicken. Und sie lassen sich dann auch dadurch nicht stören, dass die Kirche solche Ungeheuerlichkeiten klar und deutlich verurteilt hat. Das vatikanische Konzil (erstes Vatikanum) bestimmt nämlich:
„wenn jemand behauptet der eine wahre Gott unser Schöpfer und Herr könne aus den Geschöpfen durch das Licht der menschlichen Vernunft nicht mit Sicherheit erkannt werden, so sei er im Banne“.
Ferner
„wenn jemand behauptet es sei nicht möglich oder nicht gut dass der Mensch durch göttliche Offenbarung über Gott und dem ihm schuldigen Kult belehrt werde, so sei er im Banne“.
Und schließlich
„wenn jemand behauptet die göttliche Offenbarung könne nicht durch äußere Zeichen beglaubigt werden und deshalb könne man nur durch die eigene innere Erfahrung oder durch eine besondere Erleuchtung zum Glauben bestimmt werden, der sei in Banne“.
Also wir sehen das erste vatikanische Konzil legt feierlich als Bestandteile des katholischen Glaubens diese drei Aussagen fest dass
- erstens Gott aus den Geschöpfen einfach mit Licht des menschlichen Vernunft mit Sicherheit erkannt werden kann erkannt werden kann
- zweitens dass eine göttliche Offenbarung an den Menschen möglich ist und
- drittens dass diese Offenbarung durch äußere Zeichen beglaubigt wird also durch faktisches eingreifen von Gott in die Geschichte und nicht nur die eigene innere Erfahrung oder besondere Erleuchtung sondern durch äußere geschichtliche Zeichen.
Darin sehen wir sogleich drei klare Punkte warum die agnostische Grundlage mit im katholischen Glauben nicht vereinbar ist. Dass das was auf dem Konzil festgelegt wurde und verkündet wurde aber nicht sozusagen sich von den Katholiken einfach so ausgedacht wurde, wir sehen es auch schon im Neuen Testament ich lese es noch kurz verweise aber auch auf meine Katechismusfolge. Im ersten Kapitel des Briefs an der Römer:
Gottes Zorn wird vom Himmel her offenbar über alle Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit der Menschen, welche die Wahrheit Gottes durch ihre Ungerechtigkeit unterdrückten. Was man von Gott erkennen kann ist ihnen offenbar, Gott selbst hat es ihnen offenbart Sein unsichtbares Wesen, seine ewige Macht und Göttlichkeit sind seit Erschaffung der Welt durch das Licht der Vernunft an seinen Werken zu erkennen. Deshalb sind sie nicht zu entschuldigen.
Röm 1,18-20
Bis dahin hat sich Pius X sozusagen mit dem Agnostizismus auseinandergesetzt, jetzt merkt er aber an, dass die Modernisten eigentlich nicht mal bei dem Agnostizismus konsequent bleiben.
Wie nun ein Modernist von rein negativem Agnostizismus zum wissenschaftlichen und historischen Atheismus das heißt zu einer positiven Leugnung gelangt, also mit welchem Rechte er, der nicht weiß, ob Gott in die Weltgeschichte eingegriffen habe oder nicht, nun den Schluss ziehen darf, man müsse die Geschichte so erklären als habe Gott tatsächlich nicht eingegriffen, das verstehe, wer kann. Trotzdem steht es für die Modernisten durchaus fest Wissenschaft und Geschichte dürfen keinen Gott kennen in ihrem Bereich gebe es nur Phänomene und darum bleibe für Gott und Göttliches absolut kein Platz. Was diese bodenlose Doktrin aus der Heiligsten Person Christi aus den Geheimnissen seines Lebens und Leidens auch seiner Auferstehung und Himmelfahrt macht, das wird sich bald klar zeigen.
Also wenn wir vom Agnostizismus ausgehen denn wir in dem einfachen Satz zusammenfassen „wir wissen nicht ob es Gott gibt“ ist es unlogisch anschließend die Welt so zu betrachten und so zu handeln, als wüssten wir das es Ihn nicht gibt als gäbe es Ihn tatsächlich nicht.
Jetzt würde vielleicht jemand sagen na ja also wenn wir nicht beweisen, dass es ihn gibt dann müssen wir davon ausgehen dass es ihn nicht gibt. Das ist doch wissenschaftlich oder? Ist das aber wissenschaftlich? Im Grunde genommen gehen wir in allen Wissenschaften, Naturwissenschaften, Mathematik und sonst was komplett anders vor.
Ein ganz banaler Mathematikbeispiel. Wenn ich nehme: und ich weiß nicht wie das x ist,
dann kann ich nicht einfach sagen: denn das stimmt nicht.
Man muss schreiben:
Wenn ich nicht weiß ob das x gerade oder ungerade ist, muss ich weiter entsprechend vorgehen – da das Ergebnis dementsprechend unterschiedlich ist – muss ich beide folgen berücksichtigen in weiteren Überlegungen und nicht einfach a priori eine von den Fällen ohne irgendwelche Begründung ignorieren.
Also würden wir konsequent bei Agnostizismus bleiben wollen, müssen wir beide Gedankenstränge weiterführen. Wenn wir nicht wissen, ob es Gott gibt und ob Gott in die Geschichte eingreift also müssen wir sozusagen die ganze Geschichte zweierlei betrachten:
- einmal wie es zu interpretieren wäre, wenn es Gott gäbe
- und einmal wie es zu interpretieren wäre, wenn es Gott nicht gäbe.
Aus irgendwelchen Gründen aber, wie Pius X schreibt, nehmen sich sozusagen die Modernisten einfach nur den zweiten Strang aus und ignorieren den ersten obwohl sie es theoretisch mit Agnostizismus und nicht mit Atheismus begründen. Wie Papst Pius X schreibt – das verstehe, wer kann…
Nicht gesondert markierte Zitate stammen aus: Papst Pius X, Rundschreiben über die Lehre der Modernisten – Pascendi dominici gregis lat./dt., Sarto Verlag.
Bibelzitate stammen aus: Das Neue Testamen, Stuttgarter Kepplerbibel Neu bearbeitet und mit Erläuterungen versehen von Prof. Dr. Peter Ketter Nachdruck der Auflage von 1961, Sarto Verlag.

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